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Adam und Eva  
Ausgabe: 194/2022

 

Adam und Eva 
Sündenfall oder Glücksfall?

Christoph Ranzinger

 

 

 



Das Creation Museum im Bible Belt der USA wurde mit viel Geld und Aufwand von bibeltreuen AmerikanerInnen gestaltet, um zu beweisen, dass »die Bibel doch Recht hat«.
Wir nehmen – mehr oder weniger kopfschüttelnd – zur Kenntnis, dass es – nicht nur in den USA – Menschen gibt, die wider jede naturwissenschaftliche Vernunft die biblischen Geschichten im historisch – erdgeschichtlichen Sinne als »wahr« verstanden wissen wollen: die Welt sei vor ca. 6000 Jahren in sechs Tagen á 24 Stunden von Gott geschaffen worden.
Viele meiner SchülerInnen in der Berufsschule denken, dass »die Kirche« oder »die Religion« von ihnen erwartet, genau so mit der Bibel umzugehen. Man müsse das doch glauben, und deshalb sei die Kirche oder der Glaube unlogisch und abzulehnen.
Im Grunde genommen basiert ihre Ablehnung von Kirche und Glaube auf dem gleichen unsäglichen (Un-)Verständnis der biblischen Überlieferungen wie die der Kreationisten, nur mit dem Ergebnis, dass sie sich als Agnostiker bezeichnen, weil sie »den Schmarrn« nicht glauben können.
Die biblischen Schöpfungsberichte wollen aber keine historischen Berichte von tatsächlichen Begebenheiten sein.
Wer das denkt, der verwechselt auch ein Telefonbuch mit einem Mathematikbuch und beschwert sich dann darüber, dass die »Rechnungen« darin nicht stimmen!
Schade, dass es uns häufig nicht zu gelingen scheint, in zehn bis dreizehn Jahren Religionsunterricht unsere SchülerInnen zu einem vernunftgeleiteten Verständnis der Biblischen Weisheiten zu ermächtigen.

So begegnen mir zunächst ungäubiges Unverständnis, wenn ich mit meinen SchülerInnen buchstäblich bei Adam und Eva anfange.
Dabei ist diese Überlieferung eine der wichtigsten und schönsten Freiheitstexte, geradezu die Grundlage der westlichen Kulturgeschichte (dazu zählt auch der Islam). Selbst unser Grundgesetz mit der unantastbaren Menschenwürde steht in einer Tradition mit dieser Weisheitsgeschichte.
Gleichzeitig ist die Rezeption von Adam und Eva in unserem Kulturkreis so überlagert von der Idee der Erbsündenlehre, von den frauenfeindlichen und sexualfeindlichen Stereotypen, die durch die Jahrhunderte der Kirchengeschichte waberten und bis heute noch nicht vollständig aufgearbeitet und aufgelöst wurden.
Das wird deutlich, wenn meine SchülerInnen  ihr Vorwissen zur Geschichte sammeln. Als erstes wird der Apfel genannt – oftmals vergiftet – dann Eva, die Adam verführt habe den Apfel zu essen, der erboste Gott, der sie dann bestraft und aus dem Paradies verbannt. Und überhaupt: Evas Verführungskünste werden sexuell konnotiert, schließlich waren ja beide  nackt! Und so sei ja eigentlich die Frau an sich unser Unglück, da sie durch ihre Verführungskunst der gesamten Menschheit bis heute das Paradies entrissen habe!
Es scheint, als sei diese wunderbare Weisheitsgeschichte so völlig zugeschüttet und überlagert mit den traditionellen Vorstellungen, dass ein unbefangener Blick auf die Erzählung schwerer fällt, als wenn es sich um einen ganz neu entdeckten Text handeln würde.


Adam und Eva neu gelesen

Zunächst geht es los mit trockener Wüstenlandschaft, die Gott durchfeuchtet, und aus dieser Erde formt Gott den Menschen. Der Lebensatem Gottes macht ihn lebendig.
Danach legt Gott den Garten Eden an, bepflanzt ihn mit allerlei schönen Bäumen, die köstliche Früchte tragen. In der Mitte des Gartens den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse – (keinen Apfelbaum!)
Wenn die Frucht des Apfelbaums ein Apfel ist, was ist dann die Frucht des Baumes der Erkenntnis? Die Erkenntnis von Gut und Böse! Das ist der Schlüssel zur Erzählung.


Menschen und Frauen?


Dann schafft Gott die Tiere, der Mensch benennt sie, aber eine Hilfe die dem Menschen entspricht, fehlt.
Gott baut aus der Rippe des Menschen eine Frau und führt sie dem Menschen zu.
Also gibt es Menschen und ...Frauen?!
Diese Stelle erzeugt bei meinen mehrheitlich männlichen Schülern große Heiterkeit.
Menschen und Frauen. Der Eindruck verfestigt sich: Diese Story ist frauenfeindlich.
Der folgene Satz hilft:
Gen 2,23b »... Frau soll sie genannt werden, denn vom Mann ist sie genommen« Ein Kausalsatz, aber ohne Logik. In der Fußnote der Einheitsübersetzung wird das klarer: Im Hebräischen bilden ish (Mann) und isha (Frau) einen Gleichklang. Die Lutherbibel übersetzt etwas sperrig aber sinnerfassender: »Männin soll sie heißen, denn vom Mann ist sie genommen.«

Frauenfeindlichkeit ist so also nicht zu erkennen, zumal die Formulierung »Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, ...« eher ein Abhängigkeitsverhältnis vermuten lässt.
Die Heiterkeit unter meinen Schülern (»Frauen sind also keine Menschen?«)  und das Entsetzen bei meinen Schülerinnen provoziere ich trotzdem gerne, denn dieser Eindruck wird schnell ins Gegenteil verdreht.


Der Fall des Menschen?
Ein Glücksfall!

Eine weitere Überschrift leitet nun den Kern der Geschichte ein:
»Der Fall des Menschen« (Einheitsübersetzung) und »der Sündenfall« (Luther-übersetzung). Aber sie ist nicht Teil der Überlieferung. Die Überschriften in den Bibelübersetzungen wurden erst in der Neuzeit hinzugefügt und wirken nicht nur als Strukturhilfe für LeserInnen. Sie interpretieren häufig auch den darauf folgenden Text und verstellen so den Blick auf eine unbefangene Deutung.

Solange wir die verbotene Frucht als »Apfel« denken, (der vergiftete Apfel stammt ja aus Schneewittchen, nicht aus der Bibel) und damit die Erbsündenlehre mitdenken, bleibt uns der Kern dieser Weisheitserzählung verborgen!
Es geht um die Erlangung der Erkenntnis von Gut und Böse. Die Frucht des »Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse« ist die Erkenntnis von Gut und Böse. Das ist der Kern der Geschichte! Ohne diese Erkenntnis leben wir noch instinktgesteuert, ohne freien Willen, ohne Scham, sind einigermaßen hochentwickelte Säugetiere, aber noch keine Menschen. Die Schlange aber weiß vielmehr: »Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.« (Gen 3,5)
Und dieses »ihr werdet wie Gott« entspricht ja dem Schöpfungswillen Gottes: »Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.« (Gen 1, 27).
Was soll daran nun ein Sündenfall sein? Es ist ein Glücksfall!
Es ist der Moment, da aus dem Tier ein Mensch wird. Wir können nun Gut und Böse unterscheiden, können unser Handeln selbst bestimmen. Erst die Erkenntnis von Gut und Böse ermöglicht Gerechtigkeit. Erst dadurch entsteht unser Gewissen und unsere Verantwortung: Wir werden menschlich. Wir sind frei!





Biblischer Feminismus

Und diesen Moment haben wir der Frau zu verdanken (Gen 3,6): Sie ist es, die sah, »... dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen ...« (kulinarische Neugier), »... dass der Baum eine Augenweide war...«  (ästhetisches Empfinden)
»... und begehrenswert war, um klug zu werden.« (Wissenschaftliches Interesse). Alles die Frau!
»Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.«
Das liest sich fast wie: »Sie gab auch dem Trottel der bei ihr war, und auch er aß!«
Ohne die Frau würden wir Männer weiter nackt auf den Bäumen hocken!
Die Frau hat in dieser Weisheitsgeschichte die Hauptrolle. Sie ist eigentlich die Heldin!






Michelangelos
»Erschaffung Adams«





Michelangelo hat diesen humorvoll-femistischen Aspekt in seiner »Erschaffung Adams« an der Decke der Sixtinischen Kapelle in Rom verewigt:
Adam liegt nackt auf einer Wiese, Gott - bekleidet - wendet sich entschlossen an ihn, zeigt auf ihn. Adam bleibt liegen, schaut desinteressiert bis gelangweilt, sein Arm ist auf seinem Knie abgelegt, die Hand hängt mehr oder weniger schlaff in Richtung Gott: Er bleibt liegen. Adam hat noch nichts verstanden.


Im anderen Arm Gottes ist die Frau zu erkennen. Gott scheint sie Adam überreichen zu wollen. Aber Evas Gesichtsausdruck ist skeptisch bis ablehnend. Sie blickt aus dem Augenwinkel entsetzt in Richtung Adam, ihre Schultern, haben sich bereits abgewendet. Es scheint, als wolle sie sich aus Gottes Umarmung befreien. Das würde auch die merkwürdig unnatürliche Haltung des Zeigefingers an Gottes linker Hand  erklären. Sie will weg!

Der Preis der Freiheit

Aber die Freiheit hat ihren Preis. Auch wenn wir oft in unserer wohlstandverwöhnten Gesellschaft Freiheit verwechseln mit dem »Ich kann tun und lassen, was ich will.« (Das ist Willkür, aber keine Freiheit)
Freiheit ist die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, und die ist untrennbar damit verbunden, dass wir für unser Handeln selbst verantwortlich sind.

Sobald Adam und Eva von der Frucht der Erkenntnis gegessen hatten, »gingen Ihnen die Augen auf« (Gen 3,7).
Vor dieser Erkenntnis war das kein Problem. »Beide, der Mensch und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.« (Gen 2,25)
Nun aber erkannten sie, »dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz. « (Gen 3,7).
Noch vor Gottes Reaktion hat sich das Paradies verflüchtigt. Sie entdecken ihre Schamhaftigkeit (könnte man heute auch mit »Privatsphäre« umschreiben).
Sie verstecken sich vor Gott, der vorbeikommt.
Sie haben Angst, nicht weil sie von dem Baum gegessen haben, sondern weil sie nackt sind.
Alles ohne Gottes Zutun.
Sie haben ihre Unschuld der vormenschlichen Existenz verloren.
Sie haben das Paradies der Unwissenheit verlassen.
Sie sind Mensch geworden!
Unsere Freiheit ist also anstrengend, weil wir ständig entscheiden bzw. überprüfen müssen, was gut und was böse an unserem Handeln ist.
Wir haben das Paradies verloren, ohne dass uns Gott von dort vertrieben hat.

Das wäre ja auch eine Ungerechtigkeit: Eva und Adam hatten ja keine Kenntnis von Gut und Böse. Woher sollten sie wissen, dass es böse ist, sich über Gottes Verbot hinwegzusetzen? Das wäre ja so, als ob wir ein Kleinkind bestrafen würden, weil es aus wissenschaftlichem Interesse eine wertvolle Vase vor unseren Augen auf den Boden geschmissen hat. Voller Stolz wollte dies Kind zeigen, was es herausgefunden hat: Schwerkraft, Mechanik, Akustik. Sein erstes Experiment. Wenn wir es dann strafen, womöglich schlagen, verliert es sein Urvertrauen und lernt: Naturwissenschaftliche Experimente tun weh! ;-)
Sollte also Gott ein schlechter Vater sein, der uns für etwas bestraft, was wir noch gar nicht verstehen konnten?


»Wasn´t me!« - doch ein Sündenfall!

Als Gott dann Adam ruft »Wo bist du?« meldet er sich nicht einfach mit »Hier bin ich«.
Er berichtet »Da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich.« (Gen3, 10b) Als dann Gott ihn fragt »Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, davon nicht zu essen?« (Gen 3, 11) sagt er nicht einfach »Ja«. Er versucht auch nicht zu lügen. Er antwortet: »Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen.« Er will nicht verantwortlich für seine Tat sein, die Frau wars. Eigentlich sei Gott selbst dafür verantwortlich, denn er hat sie ihm beigesellt!
Und Gott fragt die Frau: »Was hast du getan?« Und die Frau will auch nicht die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen: »Die Schlange hat mich verführt«
So kommt es zur Ursünde, die uns Menschen bis heute in Beschlag nimmt: Wir versuchen unsere Verantwortung für unser Tun loszuwerden! Wir wollen zurück ins »Pardies« der unschuldigen Ahnungslosigkeit!

Siegmund Freud hat das als Regression bezeichnet. Der Urwunsch des Menschen, zurück in den Mutterleib zu gelangen: Zurück in die Geborgenheit des perfekt temperierten Halbdunkels, zurück zur gedämpften, liebevollen Stimme der Mutter, zum sanften Schaukeln im Fruchtwasser und zurück zur anstrengungslosen Ernährung über die Nabelschnur. Und genau das erträumen wir uns häufig: Wir sehnen uns nach der unbeschwerten Unschuld und der verantwortungsfreien Kindheit.
So erklärt sich auch die bei vielen so beliebte Pauschalreise zum Ballermann auf Mallorca. Es ist für alles gesorgt, »all you can eat«, warmes Klima, wogendes Meer, und die Nabelschnur führt vom Mund per Strohhalm direkt in den Sangria-Eimer.  


Zurück ins »Paradies«

So begehen wir verschiedene Wege, uns aus der anstrengenden Verantwortlichkeit zu stehlen:

Drogen: Alkohol und andere Substanzen vertreiben die Last der Freiheit. Wir katapultieren uns (auf Zeit und begleitet von Gefahren der Sucht) aus der eigenen Freiheit, der eigenen Verantwortlichkeit. Hemmungen, Bedenken, Skrupel fallen von uns ab, Wir werden leutselig, redselig, wahlweise hyperaktiv oder schläfrig, lustig oder aggressiv, um danach mit Kater wieder in der Wirklichkeit unserer Existenz aufzuschlagen.
Kein geeigneter Weg ins Paradies!

Krieg: Als Kämpfende einer wie auch immer gearteten Befehlsgewalt laufen wir Gefahr, unsere Verantwortung abzugeben. Wir können nicht mehr selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden. Uns fehlt der Überblick. Wir haben die Entscheidung an den Oberbefehlshaber abgegeben. Hinterher hören wir immer wieder: »Ich habe nur Befehle ausgeführt und bin selbst nicht verantwortlich«.
Bei der Gründung der Bundeswehr wurde den SoldatInnen als Lehre der schrecklichen Verbrechen von Wehrmacht und anderen Verbänden im 2. Weltkrieg die Aufgabe der eigenen Verantwortung mitgegeben. Als StaatsbürgerInnen in Uniform haben die SoldatInnen die Möglichkeit, ja die Pflicht sich verbrecherischen Befehlen zu verweigern. Eine sehr anspruchsvolle Forderung, die gerade jetzt, da die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zu einer Wiederentdeckung militärischer Optionen geführt haben.

Ideologien: Die vielleicht bequemste Form, sich vor Freiheit und Verantwortung zu drücken. Feste Systeme von Werten und Anschauungen, die vorgegeben sind, können, sollen bzw. müssen befolgt werden. Selbst diese zu überprüfen und zu hinterfragen ist nicht nötig und unerwünscht. Die Entscheidung, was gut und böse ist, ist bereits getroffen. Wir müssen nur noch dem vorgegebenen Weg folgen bzw. gehorchen.
Totalitäre Systeme funktionieren so. Ob es sich nun um Autokratien mit demokratiefeindlichen Unterdrückungsmechanismen handelt oder um angeblich kommunistische »Diktaturen des Proletariats«.
Es geht auch in westlichen Demokratien um die manipulative Kraft des Kapitalismus, der die Bedenken gegenüber einer Konsumverherrlichung mittels Lobbyismus und geschicktem Politmarketing verdunkelt. Fragen nach ökologischen Folgen und weltweiter Gerechtigkeit werden so verdrängt – auch weil wir zu faul sind, frei zu sein und uns bequem dem Konsum hingeben!
Religionen: Auch unsere Religionen sind nicht ideologiefrei. Wenn wir es zulassen, dass wir religiösen Autoritäten folgen, ohne selbst zu denken, ohne unser eigenes Gewissen zu benutzen, machen wir uns mitschuldig, wenn die Religion missbraucht wird. Ich glaube, dass das große Chisma der Religionen weniger zwischen den einzelnen Religionen verläuft. Die größte Spaltung geht durch jede Religion – zwischen der
1. eher bequemen Einstellung, den Vorgaben der Religion zu folgen, und
2. der Einstellung, die die Religion als Aufforderung und Ermutigung begreift, die Welt bestmöglich mitzugestalten.
Bei ersterer Einstellung glaubt man, dieser Gehorsam werde erwartet. Letztlich verweigert sich diese Überzeugung der Freiheit, der eigenen Verantwortung und Urteilsfähigkeit.
Bei der zweiten Einstellung geht es darum, selbst Verantwortung zu übernehmen, sich selbst permanent kundig zu machen,  Gut und Böse immer wieder neu zu bewerten und »das Gute (zu) tun und das Böse (zu) unterlassen« (Augustinus).

Aber es wäre zu einfach wenn wir die Menschen in diese zwei Kategorien einteilen. Es ist ein permanentes Ringen in uns selber. Dass wir wach bleiben, uns nicht einlullen lassen von Autoritäten, vom Kommerz, von der Bequemlichkeit unseres Wohlstandslebens.



 

 

Hannah Arendt hat vor dem Eindruck des Eichmannprozesses 1963 in Israel einen Satz formuliert, der auch hier eine treffende Zusammenfassung ist:


»Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen!«




BILDs Eigentor

Ca. 2008 lancierte die Bildzeitung eine Plakatwerbung mit Adam und Eva.
»Nicht essen! - BILD informiert. Leider erst seit 1952«
Eine entlarvende Kampagne:
Hätte es damals schon BILD gegeben und Eva und Adam hätten auf BILD gehört, wären wir ohne die Erkenntnis von Gut und Böse geblieben.

»BILD - Dir Deine Meinung!«

Bild will unsere Meinung offenbar manipulieren.
Unsere Freiheit, unsere eigene Urteilsfähigkeit stört da nur!

Postscriptum:

Wie konnte es zu der fatalen Umdeutung dieser Weisheitsgeschichte kommen?
Augustinus, unser Kirchenvater, vielleicht der erste wissenschaftliche Theologe des Christentums, hat ja gerade diese Freiheit, das Gewissen als Maßstab des richtigen Handelns geprägt:
»Liebe - und tu, was du willst!«

Und genau dieser Augustinus hat die frauenfeindliche Lesart der Adam und Eva Erzählung maßgeblich auf den Weg gebracht.
Augustinus lässt in seinen »Bekenntnissen« ein stark gestörtes Verhältnis zur eigenen Sexualität erkennen. Als er 17 Jahre alt war, bemerkt sein Vater bei einem Besuch im öffentlichen Dampfbad eine Erektion bei ihm. Voller Freude berichtet der Vater Augustinus´ Mutter von der Beobachtung und freut sich auf baldige Enkel.

Augustinus aber empfindet seine unkontrollierbare Sexualität als permanente eigene Niederlage. Sexualität ist für ihn der Feind der Freiheit. Er hat eine Lebensgefährtin, die er nie heiratet und später fortschickt, auch wenn er mit ihr ein Kind hat. Sie ist scheinbar nur da, damit er nicht zu Huren geht und damit noch mehr sündigt.
Er beneidet einen Freund, der offenbar wesentlich besser mit seiner Begierde umgehen kann.
Vermutlich ist es diese sexualfeindliche Einstellung, die der Kirchengeschichte eine so fatale sexual- und frauenfeindliche Schlagseite gegeben hat.