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Neue Helden braucht das Land - Wirklich?  
Ausgabe: 202/2025

Neue Helden braucht das Land!
Wirklich?

Helden und Heilige in
postheroischen Zeiten
Hans Jürgen Luibl

Sie sind wieder da, überraschenderweise: Helden und auch einige wenige Heldinnen. Helden werden in der Sportarena bejubelt – und die Bundeswehr sucht sie: »Helden in grün«. Die Ikone aller Helden, Superman, ist gleich in mehreren Filmen wieder zu sehen – und ein Lieferservice verspricht zur Rettung hungrig-kochunfähiger Bürgerinnen und Bürger: »Der Pizzaheld rettet dich! Einfach aus 9000 Lieferservices wählen …«. Es gibt »Local Heroes« und »S-Heroes«. Ausstellungen zu Superhelden boomen und selbst die hochehrwürdige Wissenschaft hat die Helden entdeckt, etwa im Sonderforschungsprojekt SFB948 der Universität Freiburg »Helden – Heroisierungen – Heroismen«.1
Lange hielt sich der Glaube, sie wären ausgestorben, seien zu nichts nutze in modernen demokratischen Zeiten. Schon bald nach dem Zweiter Weltkrieg wurde der Heldenmythos so langsam eingedampft und auf ein konservatives Normalmaß reduziert. Wonderwoman zum Beispiel, die Machtfigur auch des amerikanischen Feminismus von 1900 bis zum Zweiten Weltkrieg, wurde in den 50er Jahren wieder zur Sekretärin, die ihren Chef heiraten will. Verklungen waren bald auch heroische Reden am Volkstrauertag, an den Ehrenmalen unserer Helden des Ersten und Zweiten Weltkriegs - weniger aus Überzeugung, mehr aus Unbehagen, wegen des Blutes an ihren Händen. Dabei wurden aus Helden Opfer und aus den toten Opfern dann wieder Helden, die dann wiederum der bundesdeutschen Erinnerungskultur zum Opfer fielen. Die letzten Helden – die der Arbeit – gingen schließlich mit dem Ende der anderen deutschen Republik in den Ruhestand. Es kamen Zeiten, in denen Entscheidungen nicht mehr heldenhaft erkämpft, nur noch parlamentarisch oder mit Schwarmintelligenz gefunden werden mussten – und am besten nach Verwaltungsvorschrift. Welches Mädchen wagt heute noch den Satz zu hauchen: »Du bist mein Held!«? Und dann kam auch noch der Held aller Helden, Superman himself, 9/11, zu spät: Dem Helden blieb nur, angesichts der zerstörten Twintowers einen toten Feuerwehrmann wegzutragen. Helden a.D.

Doch nun sind sie wieder da. Aber woher kommen sie, wer hat sie gerufen, die Helden, die eigentlich schon längst ausgedient hatten? Einen Hinweis gibt Bert Brecht in seinem Schauspiel »Galileo Galilei« mit dem schönen Satz: »Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.« Damit also wären wir in unglücklichen Zeiten – aber uns zum Glück und der Gesellschaft zur Rettung kommen Helden, ersteht der Heroismus neu. Die Erklärung ist so traurig wie schlicht. Wir erleben Krisenzeiten: Krisenmodus war das Wort des Jahres 2023, mittlerweile haben sich die Entwicklungen dramatisiert: Krisen wurden zu Kriegen, politisch an manchen Knotenpunkten im globalen Netz zum Chaos und am Horizont grinst höllisch die Katastrophe des Weltuntergangs. Gesellschaftliche Entwicklungen und persönliche Einschätzungen korrelieren zu einem Resonanzraum des globalen Chaos mit der Erkenntnis, dass klassische Ordnungen und vernünftige Anstrengungen nicht mehr genügen, dem drohenden Kollaps entgegenzuwirken. Das Normale erodiert, gesucht wird, was über der Norm liegt, das Enorme, um den Weltenlauf wieder auf Spur zu bringen. Das ist die Geburtsstunde des neuen Heroismus. Der Held wird geboren aus äußeren Nöten und inneren Ängsten und steht für etwas, was über das Normale hinausgeht, um die Normalität zu sichern. Damit ist der Held von Anfang an eine ambivalente Figur: Er muss über das Normale hinausgreifen, über die Regeln der Schwerkraft wie der Gesetzesordnung oder Verwaltungsvorschriften, stellt diese damit in Frage und stellt sie so wieder her. Damit ändern sich Grenzen und Perspektiven von Gemeinschaft – und deswegen gehört zum Helden die Nachricht von ihm: der Sänger des Nibelungenliedes so gut wie die Tagesschau und die Social Media. Helden leben in der Erzählung, wie eine Gemeinschaft von ihren Heldenerzählungen lebt.

So neu ist diese Heldengeschichte nicht. Ein Blick auf die Ikone des modernen Heldentums, Superman, den Mann aus Stahl, sei erlaubt. Seine Ur-Geschichte hat er im osteuropäischen Judentum, biblisch in Mose, der in Verfolgungszeiten zum Anführer wurde, geschichtlich im Golem, der ersteht, wenn wieder ein Pogrom die Juden bedroht. Aus dieser Tradition stammen Jerry Siegel und Joe Shuster und machen aus den alten Geschichten eine neue Geschichte, im Comicformat in Amerika der 30er Jahre, ein Land im Aufbruch. Soll Amerika in den Krieg eingreifen? Und was ist dieses Amerika - doch kaum mehr als die Summe seiner Ethnien oder religiösen Gruppierungen mit einem großen Traum. Hier hilft Superman: von Beruf ein kleiner Reporter, im Inneren ein Superheld, der himmlische Kräfte hat und den Moralkodex der amerikanischen Landbevölkerung durch seine Adoptiveltern gelernt hat. Und er wird zur Integrationsfigur eines starken Amerika: Egal, was Du machst, an der Werkbank oder am Schreibtisch, egal, was du glaubst: In Dir steckt die Kraft, die Amerika stark macht. Es ist zum einen die Kraft des stahlharten Amerika des Krieges. Aber, das gehört zu den Ambivalenzen, auch die Kraft des moralischen Amerika: Ein Held, der niemanden tötet, der die Kriegsverbrecher Stalin und Hitler entführt und beide vor den Völkerbund nach Genf bringt, wo sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden. Dass diese Geschichte vergessen wurde, liegt nicht an Superman, sondern an einer martialischen Weltgesellschaft, die stärker war als Superman, aber zu schwach, die Welt in Ordnung zu halten. Superman ist nicht schuld, wenn die Puppenspieler-Stimmen der Weltgeschichtenerzähler schrill und geifernd werden.
Unglücklich das Land, das Helden nötig hat. Ja, weil es ein Land, eine Gesellschaft in Not ist. Aber man wird Brecht hier auch weiterschreiben müssen: Glücklich das Land, das richtige Helden hat, wenn es nötig ist. Wie sieht das heute aus?

Szenenwechsel. Werfen wir einen Blick zurück, auf das Leben Dietrich Bonhoeffers, geboren 1906 in Breslau. Er war evangelischer Theologe und wurde Mitglied der Bekennenden Kirche, der Teil der evangelischen Kirche, die zum Naziregime auf Distanz und in den Widerstand ging. Bereits 1933 nahm er öffentlich Stellung gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung. Ab 1938 schloss er sich der Widerstandsgruppe um Wilhelm Franz Canaris an. Vor 80 Jahren, am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazis hingerichtet.
War Bonhoeffer ein Held? Anknüpfungspunkte dafür gibt es viele. Er stand ein für Gerechtigkeit für alle – gegen Nazidiktatur und auch teilweise gegen die eigene Kirche. Ein Glaubensheld, ein Heiliger, der einer anderen Kirche, eine Kirche der Schwachen in Zeiten der Not verpflichtet war? Sein Bild findet sich etwa im Kreis der Märtyrer des 20. Jahrhunderts  in der Kirche der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie in Nürnberg. Ein Vorbild im Kampf um Demokratie? Mit seiner Biographie, seinen Worten und Texten ist er in die Erinnerungskultur für eine gerechtere Gesellschaft eingegangen. Gerade heute, in Zeiten der Desorientierung, der Dauer- oder Megakrisen, ist er zum Orientierungspunkt geworden, wenn es darum geht, aktiv zu werden für eine menschlichere Welt, die nicht aufgeht in Konsum und Krise. Dennoch: als Held eignet er sich wenig, wenn die Aufgabe der Helden ist, zu siegen und retten. Er, der dem Rad der Geschichte in die Speichen fallen wollte, ist selber unter die Räder von Gewalt, Hass und Dummheit geraten. Er wurde erhängt, mit seinen Zielen ist er gescheitert. Geblieben ist er als Zeuge für eine Welt des menschenfreundlichen Gottes, dafür lebte er, dafür starb er.
Aufhorchen lässt hier, dass Bonhoeffer derzeit in der rechten Szene Amerikas, kirchlich wie politisch, zum Helden gemacht wird. Seinen Ursprung hat diese filmische Ikonisierung Bonhoeffers in einem Buch des US-Autor Eric Metaxas, der 2010 die Bonhoeffer-Biografie »Bonhoeffer: Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet« verfasste. Metaxas, ein Anhänger Donald Trumps, lobt dann auch den Film: »So wie Bonhoeffer damals vor den Nazis gewarnt habe, müssten sich heute amerikanische Christen gegen »das Böse« wehren.2   Das Muster ist hier deutlich: Die politische Ordnung ist nichts anderes als eine Nazidiktatur, gegen die man als Amerikaner und Christ kämpfen muss, mit Bonhoeffer voran, der auf einem Filmposter dann auch eine Pistole trägt. Dass dies übelste Geschichtsklitterung ist, ist klar. Warum aber wird hier der Widerstandskämpfer Bonhoeffer heroisiert? Gibt es nicht genügend militärische Heroisierungen, aggressivere Kriegs-Helden-Traditionen? Solche Heroisierungen gibt es in der rechten Ecke genügend. Heldengedenken sind »in«. »Der AfD-Kreisverband Rostock hat jüngst ein Foto veröffentlicht, das den Landtagsabgeordneten Michael Meister zeigt. Zu sehen ist, wie Meister beim Volkstrauertag einen Kranz mit Trauerschleifen in blauer Parteifarbe und in Schwarz-Rot-Gold trägt. In Frakturschrift ist zu lesen: ‘Ewig lebt der Totentatenruhm!‘ Der Spruch stammt aus der Neo-Nazi-Szene und dient dazu, Verbrechen von Hitlers Wehrmacht zu verherrlichen.«3  Das Hohelied des deutschen Kriegshelden wird hier angestimmt. Wie schnell dieses Lied verklingt, wenn es nicht mehr auf wohlorganisierten Parteitagen oder in der rechten Partyszene angestimmt wird, sondern in einem Massenvernichtungskrieg die Helden in Todesangst nur noch schreien können oder verstummen – das ist eine andere Geschichte, die gerne unterschlagen wird. Aber aktuell ist eine andere Kriegsrhetorik in rechtspopulistischen Kreisen angesagt: die des Bürgerkriegs. Bekämpft werden muss, was nicht-deutsch ist, Deutschland schadet. Das sind die Fremden, die Anderslebenden, die Andersdenkenden. Hier ist der Kampf notwendig, auch der Krieg, der Bürgerkrieg. »Höcke prophezeit, dass Deutschland vor dem Untergang stehe. Es ist das typische Narrativ der Neuen Rechten, um sich als Retter der Nation aufspielen zu können. Schon 2015 sagte Höcke bei einer Demonstration in Magdeburg in Bezug auf die Flüchtlingszahlen: ´Wenn wir diese Entwicklung nicht stoppen, dann prognostiziere ich einen Bürgerkrieg.´«4 Und bekämpft werden muss dann auch die staatliche Ordnung, so sie ein marodes System stützt. Für diesen Krieg genügt also nicht die klassische Soldaten-Helden-Tradition, die gegen Feinde von außen kämpft, sondern es braucht, was in rechtspopulistischen Kreisen, die auf autoritäre Strukturen sich gründen, eher fremd klingt: Widerstand. Und zur Legitimierung dieses Widerstands wird dann auch, wie in Amerika, der Widerstandskämpfer aus Glauben okkupiert – und man klaut damit der Kirche ihren Ethikwächter, der nicht mehr gegen Trump & Co eingesetzt werden kann. So verwirrt sich auch die Ordnung der Werte: Bonhoeffer, der für die Lebensrechte der Anderen stand, wird zum Helden mit Pistole, der die Lebensrechte anderer bekämpft.
Der Kampf der Helden ist immer auch ein Kampf um die richtigen Helden, die für Hilfe oder Wende in der Not stehen und so Leben retten und Gesellschaft verändern. Welche Helden(geschichten) aber führen hier weiter? Interessant ist, dass der Supermanfilm von 2013 »Man of Steel« kein klassischer Supermanfilm ist, sondern eine Art coming of age. Zentral ist die Vorgeschichte des Stahlharten: Er ist von einer anderen Welt mit Kräften der anderen Welt – und ein Mensch, konfrontiert mit den Herausforderungen dieser Welt. Hier die unendliche Kraft, dort die Frage der Gerechtigkeit, die Gemeinschaft schafft. Zum Superhelden wird, wer Kraft und Gerechtigkeit aufeinander beziehen kann. Und wer darin angreifbar bleibt. Für neue Helden(geschichten) ist es an der Zeit, Angreifbarkeit, Vulnerabilität nicht als Makel, sondern als Zeichen des Helden zu erkennen. Nur, wer Schwachpunkte hat, kann ein Held werden: Achilles hatte seine Ferse, Siegfried sein Schulterblatt, Superman das Krypton – gewaltig und toxisch in einem. Und Jesus, Gottessohne und Menschenkind, hatte seine Schwäche für andere, sein Herz, das in Gotteskraft für andere schlägt. 

Die anderen Heldengeschichten, die der Märtyrer, die Leiden der anderen sehen und Mitleidenschaft entwickeln, die sich darauf verstehen, sich selber aufzuopfern, statt andere zu opfern, sie sind an der Zeit, erzählt zu werden. Helden stehen für die Schwachpunkte einer Gesellschaft wie Heilige für die Schwachpunkte einer Kirche, der Religion stehen. Man kann sie dort als Lückenfüller stehen lassen, als buntes Trostpflaster – und alles wird gut. Man kann aber auch Schmerzpunkte sehen, als Wachmacher, als Systemsprenger, die neue Wege und Horizonte eröffnen. Veränderungspotential haben sie nur, wenn Menschen und Gemeinschaften auch bereit sind, sich zu verändern. Und damit ist auch ein Abschied verbunden: Helden stehen nicht für die Rettung der Welt, auch nicht für Endlösungen oder Erlösungen, sondern für den mühevollen Erhalt.
Helden ohne Opfer gibt es nicht – und Gesellschaften, die selber zu keinem Opfer bereit sind oder umgekehrt, von den Opfern der Dritten Welt gut leben, werden keine Helden finden und auch keine neuen Wege. Dasselbe gilt auch für die Opfer der Vergangenheit, die eingegangen sind ins kollektive Bewusstsein der Gegenwart, etwa wie ein Dietrich Bonhoeffer: solange man nur der Opfer gedenkt und sich dabei moralisch aufbessert, verspielt man Zukunft. Erinnerung ist gefährlich, in Zeiten der Gefahr, sie schmerzt, weil sie die uneingelösten Hoffnungen der Vergangenheit als utopische Potentiale einer anderen Kirche einbringt. Kurz: auch wenn die Helden-Geschichte einer saturierten, postheroischen Gesellschaft wie Kirche weh tun, tun sie ihnen gut. Wie man heute zu Heldinnen und Helden erziehen könnte? Vermutlich kaum. Vorbilder, in denen man sich sehen und nach denen man sich entwickeln kann, sind ein (zu) enger Rahmen für Helden, die über den Rahmen des Gewohnten hinausdrängen, die in aller Freiheit und Unverfügbarkeit Systemaufsprenger sind. Zu Heldinnen und Helden erziehen – das fängt damit an, von utopischen Potentialen zu erzählen.

Fußnoten:

1    Vgl dazu: Hans Jürgen Luibl, Neue Helden braucht das Land! Aber welche? Spurensuche in postheroischen Zeiten, in: forum erwachsenenbildung 4/24, (Seitenzahlen müssen noch ergänzt werden).

2    https://www.nn.de/kultur/bonhoeffer-film-in-der-kritik-held-mit-pistole-1.14510593.

3     https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Heldengedenken-und-Deutschland-zuerst-AfD-driftet-weiter-ins-Voelkische,afd3386.html.

4      https://www.derwesten.de/politik/hoecke-afd-buergerkrieg-deutschland-thueringen-wahlsieger-id301121950.html

Heldenreise
der ganz anderen Art:
Wege zur Bebilderung
dieser Ausgabe


Grundidee:
Abgestempelt: Machen wir einen Menschen, der sich vorbildlich verhält, zu einem Helden oder Heiligen, wird er entrückt in eine eigentlich unerreichbare Sphäre? »Ich bin halt kein Held«, »Spiel nicht den Helden!« Wir entwerten einen Menschen, der vorbildlich handelt, indem wir ihn zum Helden abstempeln. Zu weit weg um ihm nachzueifern.

Umsetzung:
Erste Versuche mit Bildkreationen der KI: spannende Ergebnisse mit großartigen Bildern in sekundenschnelle – nur bei der textlichen Umsetzung kommt die KI noch ins Straucheln. Bilder von Ghandi, Sophie Scholl, Martin Luther King, Franz von Assisi werden hervorragend umgesetzt. Mit ein paar Klicks in Photoshop sind die Ergebnisse sehr gut verwendbar.
Allerdings verweigert die KI bei Nelson Mandela den Dienst. Der wie bei den o.g. Helden gleichlautende Auftrag, einen Stempel mit einem Bild Mandelas und der Aufschrift »Nelson Mandela – Held« zu erstellen, wird mit dem Hinweis verweigert, die Aufforderung verstoße gegen die Richtlinien der KI. Beim Nachhaken erfährt man, dass Persönlichkeitsrechte und der mögliche politische Mißbrauch des Andenkens an Nelson Mandela Anlass für die Verweigerung sind.
Aber warum dann nicht bei den anderen Heldenbildern? Im Vergleich zu Gandhi argumentiert die KI, Gandhi sei als Person der Zeitgeschichte und dem größeren zeitlichen Abstand unproblematischer als Mandela.
Trotzdem: Die KI trifft hier automatisiert Enscheidungen, die in Algorithmen festgeschrieben werden, letztlich von den Besitzern der neuen Technologien, also von einer neuen Elite der Digitalen Welt, die sich unseren Werten wie Menschenrechte und Menschenwürde möglicherweise nicht verpflichtet sehen und bisher von keiner legitimen Instanz kontrolliert werden können.

Zurück in die analoge Welt: Der 75-jährige Stempelschneider Mang Erning aus Manila/Philippinen hat den »Abgestempelt«-Stempel für uns geschnitten. Digital konnte er mit der Vorlage nichts anfangen. Er brauchte einen Ausdruck, den er mit Öl tränkte und so die Vorlage auf seine Stempelmatte übertrug. Dann schnitt er der Stempel mit sicherer Hand innerhalb von 40 Minuten. Sein ca. 9-jähriger Enkel – später auch seine Tochter  – schauten vorbei um ihn dann endlich zum Essen nach Hause zu holen.


Christoph Ranzinger